Jahrestreffen Trino

Lebendige Städtepartnerschaften: Der kulturelle Klebstoff Europas

Gruppenbild vor Schloss Aymavilles

Der Mai begann für 31 Mitglieder und FreundInnen des Partnerschaftsvereins Geisenheim in den frühen Morgenstunden mit der Beladung eines Omnibusses mit den einschlägigen Flüssigprodukten des Rheingaus. Vor den Frachtbegleitern lagen 4 erlebnisreiche Tage in der Partnerstadt Trino. Im Vergleich zu der Fahrt vor 3 Jahren hatte sich die Teilnehmerzahl mehr als verdoppelt und das Durchschnittsalter spürbar gesenkt. Dies verdeutlicht den neuen Schwung in der Zusammenarbeit mit den Partnerstädten und das gesteigerte Interesse an einem Hautnah-Erlebnis der Kulturen der europäischen Partnerländer.

Das Partnerschaftskomitee in Trino erwartete insgesamt 75 Gäste aus Geisenheim, Chauvigny und Billericay, die bis auf wenige Ausnahmen alle in Familien untergebracht wurden. Für eine Kleinstadt wie Trino mit ca. 6.600 Einwohnern ist dieses Ausmaß an Gastfreundschaft beachtlich. Auf Gäste und Gastgeber wartete ein vielfältiges Programm.

Am Freitag stand ein Ausflug ins 100 km entfernte Aostatal an. Schon die Römer erkannten die strategische Lage und gründeten deshalb bereits 25 v. Chr. die Stadt Aosta. An der Fassade des Rathauses prangt der Schriftzug in französischer und italienischer Sprache: Hôtel de Ville – Municipio und verdeutlicht die Länder-übergreifenden kulturellen Traditionen der autonomen Region Aostatal. Die umgebende Gebirgskulisse von 3000 – 4000m hohen schneebedeckten Bergen wirkte bei stahlblauem Himmel noch imposanter als sonst. Beim Besuch des über dem Tal thronenden Schlosses Aymavilles wurde die baugeschichtliche Verwandlung von einer schlichten 4-eckigen Burg über die Hinzufügung von 4 mächtigen Wehrtürmen und ergänzenden Balkonen und Loggien zu einem Wohnschloss erlebbar.

DIE GEISENHEIMER VOR DEM RATHAUS IN AOSTA

Am Samstag stand laut den Programmheften der Besuch eines „Museo“ an. Wer eine langatmige Präsentation von Heimatgeschichte erwartete, lag falsch: Das „Museo Area907“ ist ein seit September 2024 begehbares, industriegeschichtliches Erlebnis. Die stillgelegten Zementöfen, Siebanlagen und Leitstände vermittelten unter sachkundiger, mehrsprachiger Führung einen Eindruck von Entwicklung und Innovationsschritten in der Zementherstellung. Das heute weltweit agierende Zementunternehmen Buzzi Unicem, zu dem seit 2008 auch Dyckerhoff Zement gehört, wurde 1907 in Trino gegründet.

Unübersehbar waren schon bei der Anreise nach Trino die teilweise gefluteten Reisfelder. Dieser landwirtschaftliche Schlüsselfaktor der Region konnte beim Besuch der Reisfarm Osenga genauer kennengelernt werden. Erstmalige Teilnehmer waren überrascht, dass auch in Europa so großflächig Reis angebaut wird, der sich besonders für die Zubereitung von Risotto eignet. Der Partnerschaftsverein Geisenheim hat deshalb durch den Kauf von 100 kg Reis für die zuhause gebliebenen Mitglieder und Freunde vorgesorgt.

Bei der Stadtführung am Sonntag Vormittag wurde klar, dass ein wesentlicher Anteil der Stadtfläche Trinos schon immer religiös genutzt wurde: 5 ehemalige Klostergebäude und 9 Kirchen sind Zeugnis davon. Trino hatte zu Beginn des 20. Jahrhundert fast doppelt so viele Einwohner wie heute. Deshalb gibt es heute zahlreiche „Flächenreserven“ in der Stadt. Dem lebendigen kulturellen Leben in der Stadt tut dies jedoch keinen Abbruch. Das bewies auch die Gesangs- und Tanzaufführung von Kindern in der Markthalle der Stadt.

KIRCHE IN TRINO

„Wir brauchen nicht nur eine politische Verbindung, sondern auch eine kulturelle – ein Bund von Menschen. Städtepartnerschaften sind kultureller Klebstoff für Europa. Menschen die bei aller Verschiedenheit zeigen, dass sie gemeinsam erleben und gestalten wollen.“ Für diese Worte erhielt Albrecht Höhle als offizieller Vertreter der Stadt Geisenheim beim Festabend von allen kräftigen Applaus. Es wurde gemeinsam gefeiert, gegessen, getrunken, getanzt.

Auf der Rückreise am Montag hatten die Teilnehmer nicht nur die Köstlichkeiten Piemonts im Gepäck, sondern auch neu geschlossene Freundschaften und sehr persönliche Erlebnisse mit den Gastgebern, die man als Tourist nicht gewinnen kann. Offene Häuser und offene Herzen auf allen Seiten machten dies möglich.

2026 wird Geisenheim dieses Treffen ausrichten. Wer daran teilnehmen möchte, sollte sich schon jetzt den Zeitraum vom 28.05. bis 01.06.2026 blockieren.

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